To boost or not to boost, das ist die Frage in diesen Tagen! Viele meiner Freunde wollen wissen, ob sie sich nun im Herbst noch einmal boostern lassen sollen. Nun, auf diese Frage eine gute, fundierte Antwort zu haben, ist schwierig. Ich werde im Folgenden meine Überlegungen dazu auslegen. Doch meinen besten Freunden in meinem privaten Umfeld sage ich sehr klar: «Bitte kein Booster, wir wissen noch zu wenig!». Im Folgenden werde ich hier die Kernpunkte meiner Sorge wegen der Booster-Impfung darlegen.
Ich bedanke mich, wenn Sie mir die Länge des Artikels nicht übelnehmen. Es ist kompliziert. Und noch ein Hinweis: Bitte melden sie sich mit einem Kommentar (am Ende des Artikels) wenn Sie einen Fehler finden, etwas unklar ist oder Sie anderer Meinung sind. Nur die wissenschaftliche Auseinandersetzung bringt uns weiter (für die Kommentare ist eine Anmeldung erforderlich).
Die Zeiten ändern sich
Ganz klar: Bei der Einführung der Covid-Impfung befürwortete ich die Grundimmunisierung dezidiert. Also die zweimalige Impfung für Personen, die noch nie erkrankt waren. Allerdings nicht für junge Menschen. An Vorträgen – so auch an der Vernissage zum Corona-Elefanten* – hatte ich immer gesagt, dass eine Nutzen-Risiko Abwägung bei über 50-jährigen klar für eine Impfung spricht.
Bei Kindern und Jugendlichen war ich ebenso entschieden gegen eine Impfung, einfach weil wir noch zu wenig Erfahrung hatten und die Covid-Erkrankung in diesem Alter – anders als bei einer «Kinderkrankheit» – kein relevantes Risiko darstellt. Zudem hatten wir keine Daten, welche die behauptete hohe Wirksamkeit der Impfung auf die Übertragung stützten.
Für die Menschen zwischen 20 und 50 Jahren, so meine damalige Aussage, könnte ich keine sichere Position einnehmen. Irgendwo in den Altersgruppen zwischen 20 und 50 Jahren müsste man die Empfehlung ansetzen. Das war vor einem guten Jahr. Unterdessen haben wir nicht nur dazugelernt, auch die epidemiologische Situation hat sich verändert. Somit ist es auch sinnvoll, dass man eine Empfehlung den neuen Erkenntnissen anpasst.
Was hat sich seither geändert?
Sicher, wir haben unterdessen Einiges gelernt: Erstens, dass die Impfung kaum das Übertragungsrisiko senkt. Und zweitens, dass die Impfung nicht vor einer Erkrankung schützt. Und drittens haben wir erfahren, dass unser früheres Fachwissen zum Immunsystem – welch Wunder – auch für Covid-19 zutrifft: Hat das Immunsystem einmal ein neues Virus gesehen (sei es in der Form als Erreger oder Impfstoff), so bildet es ein immunologisches Gedächtnis auf, welches Jahrzehnte anhält. Ja, unterdessen haben es auch die Impfhersteller erkannt, dass eine Impfung eigentlich «nur» den Schweregrad der Erkrankung beeinflusst. Das «nur» setzte ich bewusst in Anführungszeichen. Ich erachte diese Wirkung der Impfung als die Wichtigste. Ich werde weiter unten noch auf das immunologische Gedächtnis zurückkommen. Unterdessen akzeptieren auch die meisten Mediziner, dass die Bedeutung der Antikörper für den Schutz vor Covid-19 gering ist, wie wir das bereits im Buch «Corona-Elefant*» ausführlich dargelegt haben (A. Radbruch, S.148ff, P. Vernazza, S.140ff).
Doch viel wichtiger für die Frage der Impfentscheidung ist die veränderte epidemiologische Lage. Zur Zeit erleben wir immer wieder kleine Ausbrüche von Corona-Erkrankungen. Auch im persönlichen Umfeld sind viele krank und lassen sich – weshalb sollten sie auch – nicht auf Corona testen. Dennoch, in den letzten vier Wochen haben sich gemäss BAG immer noch 206’000 Personen auf Corona testen (fragen Sie mich nicht weshalb, fragen Sie besser wer soll das bezahlen….). Rund ein Viertel der Tests (52‘800) fiel positiv auf. Im gleichen Zeitraum wurden 554 Personen wegen oder mit Covid hospitalisiert. Berücksichtigt man eine Dunkelziffer von rund acht (Tagblatt 30.6.22), werden jetzt noch monatlich rund 400‘000 Menschen infiziert. Mit anderen Worten: Das Virus ist längst in der endemischen Phase angekommen: Beim wiederholten Kontakt erkranken die Personen in der Regel mild. Wenn von 400‘000 infizierten rund 500 hospitalisiert werden mussten, dann entspricht dies noch einer Hospitalisationsrate von knapp einem Promille. Wer jetzt noch Massnahmen zum Schutz der Spitäler fordert, hat die Natur nicht verstanden.
Auch wenn uns gewisse Medien wieder etwas Angst machen wollen (z.B. «Aber immer wieder erinnern {nicht mit Namen genannte} Fachleute daran, dass eine neue gefährliche Variante diese Ruhe im Herbst und Winter stören könnte» Tagblatt 15.9.22); wir bleiben dabei: Die kompetenten Fachpersonen, die ich kenne, sind sich einig: Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Viren plötzlich aggressiver werden sollen (s. Corona-Elefant*, S. 141).
Endemische Phase – (K)ein Wunder der Natur
Dass das Virus in eine endemische Phase gekommen ist, ist keine Überraschung. Betrachten wir den Verlauf der letzten Coronavirus-Pandemie von 1889-90 (Corona-Elefant*, S. 139), so sah man auch dort die Häufung der Todesfälle (auch damals meist ältere Menschen) in «Wellen». Doch nach der dritten Welle war der Schreck vorbei (Abb. aus Berche et al. 2022, Todesfälle Indiana, USA).
Vorschau (öffnet in neuem Tab)
Dass eine gefährliche Virusinfektion plötzlich zu einer milden Erkrankung wird, ist nicht die Folge einer Virusmutation. Es ist Folge einer über Jahrmillionen Jahre aufgebauten Immunabwehr. Unsere zelluläre Abwehr (und nicht die Antikörper, wie viele glauben) baut einen hoch effizienten, langlebigen Schutz auf. Die Abwehrzellen erstellen nach dem Erstkontakt mit dem Virus ein Gedächtnis. Dieses Gedächtnis bleibt grundsätzlich lebenslang bestehen (Radbruch, Nature 2021). Das zelluläre System schützt zwar nicht vor einer erneuten Infektion, aber es erkennt eine infizierte Zelle viel schneller. Nach der Infektion einiger Zellen der Mund-Nasenschleimhaut werden die Gedächtniszellen rasch mobilisiert und zerstören die infizierten Zellen. Damit verhindern sie eine weitere Ausbreitung, insbesondere einen Befall der Lungen.
Das immunologische Gedächtnis – unsere beste Waffe
Tatsächlich verfügt fast jede Person, die einmal geimpft ist oder die Krankheit durchgemacht hat, über eine effiziente zelluläre Abwehr, welche einen schweren Verlauf verhindert. Dies selbst dann, wenn die Antikörpermenge schon deutlich abgefallen ist. Immer wieder wird gesagt, der milde Verlauf der aktuellen Erkrankungen sei die besondere Eigenschaft des Omikron-Stammes, doch daran gibt es gut begründete Zweifel (Sigal Nature 2022). Viel wahrscheinlicher ist es, dass die meisten Menschen durch Impfung oder Infektion bereits eine wirksame Immunität haben. Das BAG schrieb am 24.8.22: Berücksichtigt man auch die Ansteckungen, so dürften inzwischen über 97% der Schweizer Bevölkerung mit dem Virus in Kontakt gekommen sein.
Durchgemachte Infektion viel häufiger als vermutet
Diese Aussage des BAG können wir mit eigenen Daten bestätigen: Wir haben während 9-12 Monaten über 4000 Personen aus vier grossen Betrieben der Ostschweiz wöchentlich mit Covid-Antigentests untersucht. Am Ende der Studie (März 22) haben wir den Mitarbeitern einen Antikörpertest angeboten, mit dem nicht nur Impf-Antikörper nachgewiesen werden konnten, sondern auch spezielle Antikörper, die nur nach einer natürlichen Infektion auftreten. Dabei zeigte sich: 80% der gut 1500 getesteten Personen hatte vor dieser Testung bereits mindestens eine Covid-19 Infektion durchgemacht. Überrascht hat uns aber, dass nur ein Drittel dieser Personen – trotz wöchentlich durchgeführter Testungen – eine Infektion bemerkt hatte. Mit anderen Worten: Der grösste Teil der Personen in dieser Altersgruppe macht eine sehr milde Form einer Infektion durch und es gibt fast niemanden mehr, der noch gar keine Immunantwort, weder durch Impfung noch Erkrankung aufgebaut hat.
Game-Changer: (Fast) jeder hat bereits eine Covid-Erkrankung durchgemacht
Diese Erkenntnis ist nun wirklich ein «Game-Changer». Denn wir wissen schon länger, dass eine durchgemachte Erkrankung besser vor einer schweren Infektion schützt als eine Impfung, selbst das BAG hat dies im Oktober 2021 eingeräumt (Tagblatt). Wenn wir nun davon ausgehen dürfen, dass heute praktisch alle Personen immun sind, ja der grösste Teil sogar eine (besser schützende) natürliche Infektion durchgemacht hat, dann müssten wir uns fragen, weshalb man in dieser Situation dann noch weiterhin Booster-Impfungen anbietet.
Nützt’s nüt – so schadt’s nüt!…
…werden vielleicht einige sagen. In der Tat, ein Kollege einer Intensivstation hat mir vor einiger Zeit gesagt, er verstehe nicht, dass sich Personen nicht impfen lassen. Diese Impfung hätte wirklich ein Null-Nebenwirkungs-Risiko! Nun, wenn Laien oder Behördenvertreter das so sehen, kann ich das verstehen. Aber als Fachpersonen müssten wir wissen, dass jede medizinische Massnahme mit Risiken verbunden ist. Und in der Tat, in letzter Zeit häufen sich Hinweise, wonach die Covid-Impfung nicht so harmlos ist, wie oft angenommen.
Potenziell unterschätzte Impfnebenwirkungen
Um nicht auszuufern werde ich im Folgenden lediglich drei Beobachtungen aufzählen, welchen uns mindestens stutzig machen sollten. Wir können vielleicht heute noch nicht mit Sicherheit sagen, dass die hier genannten Vermutungen korrekt sind. Wir behandeln sie im Moment noch als Hypothesen, doch wir werden an dieser Stelle noch ausführlicher darüber berichten. Die drei Phänomene, welche uns Sorgen bereiten, sind:
- Baby Gap
- Steigende Übersterblichkeit in 2022 (und allenfalls Myokarditis-Folgen)
- Höhere Infektionsraten bei geimpften Personen
Unter dem Begriff «Baby Gap» fassen wir Beobachtungen zusammen, wonach seit Beginn dieses Jahres in vielen Ländern die Geburtenrate massiv absinkt (Inside Paradeplatz 22.9.22). Prof. Konstantin Beck hat dazu eine ausführliche statistische Analyse vorgenommen, welche tatsächlich auch in der Schweiz einen historisch einzigartigen Abfall der Geburtenrate dokumentiert (Interview auf Kontrafunk, Berlin, 21.9.21). Vergleicht man jedes Jahr seit 1882 die Abweichungen der Geburtenzahl mit dem Vorjahr, erkennt man das historische Ausmass des Abfalles (Abbildung). Dazu ergab die Analyse statistische und biologische Argumente, welche einen Kausalzusammenhang zwischen Impfung und dem Abfall der Geburtenrate zwar nicht abschliessend beweisen, aber nahelegen. Wir haben diese Arbeit Swissmedic vorgelegt und warten nun gespannt auf deren Antwort.
Die zweite Beobachtung, eine anhaltende Übersterblichkeit im 2022 ist ebenfalls von grosser Bedeutung. Es betrifft vorwiegend die Altersklasse der über 65-jährigen und wird auch in anderen Ländern beobachtet. Eine Erklärung für die gehäuften Todesfälle könnten Spätfolgen einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) sein. Diese Störung ist eine Autoimmun-Krankheit, welche durch Antikörper gegen das Spike-Protein ausgelöst wird. Wir haben am 9.1.22 auf infekt.ch berichtet. Natürlich geschieht dies sowohl bei der natürlichen Infektion als auch bei der Impfung. Im zitierten Artikel haben wir gezeigt, dass es Hinweise gibt, wonach die Impfung vor allem bei jungen Männern mehr Komplikationen auslöst als nach einer Erkrankung. Wir werden auch diese Zusammenhänge in den folgenden Wochen noch ausführlich diskutieren.
Die dritte Beobachtung stammt aus Island: Hier wurde Zweitinfektionen erfasst und die Autoren beobachteten eine Häufung von Re-Infektionen bei mehrfach Geimpften. In unserem Bericht (infekt.ch, 16.8.22) beschreiben wir eine mögliche Erklärung dieses Phänomens. Tatsächlich hat eine holländische Gruppe schon gezeigt, dass eine mRNA-Impfung die Fähigkeit des angeborenen Immunsystems, Interferon zu bilden, abschwächt. Wir werden diese Hypothese weiter überprüfen.
Bisher nur hypothetischer Zusammenhang mit Impfung
Man kann und soll diese Beobachtungen nicht als Beweis für eine Nebenwirkung aufnehmen. Aber wir müssen sie ernst nehmen. Und man muss bei jeder Impfung mit solchen Nebenwirkungen rechnen, auch wenn wir das Risiko noch nicht genau beziffern können. Dazu kommt, dass die Sicherheit von zusätzlichen «Booster»-Impfungen nie in Studien untersucht wurde. Solange wir also unsicher sind, ob wir es hier mit einer wirklichen Nebenwirkung einer Impfung zu tun haben, sollten wir aber auch eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung machen.
Risiko eines schweren Covid-Verlaufes
Das Risiko einer schwer verlaufenden Covid-Erkrankung ist sicher abhängig vom Alter. Aber viel wichtiger ist heute die Frage, ob die Person bereits eine Covid Erkrankung durchgemacht hat. Da wir das Risiko einer Impfung zwar annehmen können, aber noch nicht mit Sicherheit beweisen können, sollten wir unser Handeln dem ärztlichen Credo unterstellen «Primum non nocere». Primär sollten wir selbst keinen Schaden anrichten. Damit können wir für uns bereits ableiten, dass wir unsere Impfempfehlung nach zwei Fragen ausrichten können:
-
- Hat die Person bereits eine Krankheit durchgemacht (auch mild)
- Welches Alter hat die Person
Persönliche Haltung zur (Booster-) Impfung basierende auf diesen Überlegungen:
Inwieweit wir bei bereits geimpften Menschen über 65 Jahren durch eine (Booster-) Impfung mehr Schaden als Nutzen stiften können, ist schwierig einzuschätzen. Ich beschränke mich für die folgenden persönlichen Empfehlungen auf Personen unter 65 Jahre.
- Noch nicht geimpfte Personen
Bisher keine Covid-19 Erkrankung bewusst durchgemacht
⇒ Eine durchgemachte Infektion ist hoch wahrscheinlich (80%), aber dennoch kann eine Impfung ab einem Alter von ca. 40-50 Jahren sinnvoll sein.
Bei Vorliegen einer schweren Immunschwäche ist eine Fachperson zuzuziehen Eine Antikörpertestung könnte Klarheit verschaffen.
Covid bereits durchgemacht
⇒ Hier würde ich keine weiteren Impfungen empfehlen, es gibt keine Daten, welche einen zusätzlichen Nutzen zur Verhinderung einer schweren Erkrankung dokumentieren.
- Personen, die bereits mindestens zweimal geimpft sind.
Personen zwischen 40-65 Jahren
⇒ Bisher wurde noch in keiner Studie gezeigt, dass eine zusätzliche Impfung das Risiko einer schweren Verlaufsform bei unter 65-jährigen wirklich senkt. Daher wäre ich auch etwas zurückhaltend mit einer allzu largen Interpretation der neuen Empfehlung zur Auffrischimpfung bei vergleichsweise harmlosen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Schwangerschaft oder dergleichen
Personen unter 40 Jahren
⇒ Aufgrund des doch erhöhten Risikos einer schweren Nebenwirkung und insgesamt geringem Komplikationsrisiko einer Erkrankung würde ich von einer erneuten Impfung in dieser Personengruppe abraten
Persönliche Meinung ist keine offizielle Empfehlung
Ich habe hier eine persönliche Meinung zur Notwendigkeit einer Impfung zusammengefasst. Dies ist keine offizielle Empfehlung. Ich schreibe dies nieder, weil ich sehr oft gefragt werde, ob ich eine Booster-Impfung empfehle. Und wie man sieht, die Antwort ist komplexer als ein Satz.
* Der Corona-Elefant, K. Beck, A. Kley, P. Rohner, P. Vernazza (Hrsg.), Versus Verlag, Zürich, 2022.
Zur Erinnerung: Wir freuen uns über ihre Kommentare zur aktiven Diskussionsförderung (für die Kommentare ist eine Anmeldung erforderlich).
12 Comments
Vielen Dank für den sehr interessanten Beitrag. Ich habe mich immer gewundert, ob die vielfach vorhandenen Viren die Abwehrkräfte des Körpers trainieren können auch ohne Erkrankung. So könnte ich meine Erfahrung und diejenige meiner Frau erklären. Wir sind beide zwischen 65 und 70, haben uns nie impfen lassen und sind mit den normalen Hygienemassnahmen die letzten Jahren ohne irgendwelche erkennbaren Ansteckungen (auch keine Grippe oder Erkältungen) davongekommen. Nun hat es uns in den letzten Wochen (zeitlich versetzt) doch erwischt (Selbsttest positiv), aber beide mit unglaublich milden Symptomen: wenige Tage erhöhte Temperatur samt Abgeschlagenheit und dann Verlust des Geruchsinns. Sonst nichts! Zwar unheimlich, aber weniger lästig als unsere früheren grippalen Infekten mit Halsweh, Husten, usw.
Danke für Ihren Kommentar.
Eigentlich gehen wir davon aus, dass Infektionserreger unser Immunsystem wiederholt „erinnern“ und damit das Gedächtnis stärken. Einerseits kann dies durch im Körper verbliebene Eiweisses eines Erregers länger erfolgen. Andererseits – vermutlich relevanter – wird das Immunsystem immer wieder durch Erkrankungen in der Umgebung „auf dem Laufenden“ gehalten. Wir kennen das zum Beispiel gut von Varizellen. Das ist eine Kinderkrankheit. Das Virus versteckt sich aber in Nervenzellen des Grenzstranges. Im späteren Leben werden diese wieder aktiviert und lösen die Gürtelrose aus.
Wir wissen, dass Menschen, die mit Kindern zusammen leben, seltener an Gürtelrose erkranken. Ein Hinweis, dass der Kontakt mit erkrankten Kindern (ohne selbst eine erneute Varizelleninfektion zu haben) das Immunsystem in einen Zustand versetzt, die Gürtelrose besser zu bekämpfen.
Dass Sie selbst eine milde Erkankung hatten kann viele Gründe haben. Ein wichtiger Faktor ist der Zustand des angeborenen Immunsystems. Dieses ist vermutlich verantwortlich für die Abwehr von Coronaviren. Dies dürfte der Grund sein, weshalb Kinder nie schwer erkranken. Das angeborene Abwehrsystem ist im Kindesalter top fit. Es kann tatsächlich durch Viruskontakt stimmuliert werden (sog. immunological training).
Herzlich PV
Lieber Herr Prof. Vernazza
Die 3. Beobachtung (Reinfektionen) stammt aus Isand nicht Irland. Die Gesundheitswesen von Is- und Irland sind nicht vergleichbar. Island hat , natürlich auch aufgrund der Abgeschiedenheit und der Lage als Insel, eine hervorragende Stellung.
Mit freundlichen Grüßen von der österreichischen Seite des Rheintals.
danke für die Korrektur! absolut korrekt, ist ein Tippfehler. Im referenzierten Beitrag hatte ich das korrekt wiedergegeben. Schön zu sehen, dass die Berichte genau gelesen werden. Das motiviert!
Herzliche Grüsse PV
Ich bin Ihnen so dankbar für Ihre kritische Beurteilung! Als Allgemeinmedizinerin bin ich als Fachperson mit so vielen „Experten“-Meinungen konfrontiert, dass ich mich immer wieder frage, ob die ganze Fachwelt zu „Lemmingen“ mutiert ist und jedes kritische Denken im Keim erstickt bzw. in die Verschwörer-Ecke gestellt wird. Sie sprechen mir mit Ihren Beiträgen aus dem Herzen! Ich bin gespannt auf Ihre weiteren Beiträge, insbesondere zu möglichen Nebenwirkungen der Impfungen, die vielfach einfach totgeschwiegen werden.
Liebe Frau Kollega Siegfried
Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung, die mich motiviert. Es ist noch viel zu tun, aber ich denke, angesichts der massiven Unterdrückung von Informationen ist es wichtig, dasss wir uns auch als Ärztinnen und Ärzte aktiv in die Diskussion einbringen. Ich habe einige Themen zur Impfung, die ich noch aufarbeiten möchte. Es ist einfach nicht meine „Hauptbeschäftigung“. Gestern habe ich noch auf infekt.ch etwas über Covid-Impf-mRNA in der Muttermilch geschrieben. Kein sehr gewichtiges Thema. Aber es ist doch auch hier interessant, wie auch die wissenschaftlichen Publikationen zurückgehalten werden, welche notwendig wären, um etwas kritscher hinzuschauen. Den interessierten Lesern empfehle ich auch, meinen Zusatz von heute (29.9.) in diesem Blog vom 28.9.22 zu beachten.
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Pietro Vernazza
Lieber Pietro Vernazza,
danke für die wie immer spannende Aufbereitung eines heißen Themas. Nur bei den ersten beiden genannten “ Nebenwirkungen“, wie differenzierst Du, bei einer postulierten Durchinfektionsrate von bis zu 90%, noch zwischen geimpften und “ nur“ infizierten Personen.
Herzliche Grüße aus dem Pott.
Lieber Norbert
Schön aus dem Ruhrpott zu hören.
Die „postulierte“ Durchinfektionsrate basiert auf einer Antikörpertestung mit einem sehr spezifischen AK-Test von Quidel. Die Spezifität des Tests war – gemessen in pre-pandemic samples – über 99%. Der Test weist Antikörper gegen einen anderen Teil des Spike Proteins („S2“) nach. In dieser Studie fanden wir bei 80% der Probanden im April 2022 positive Antikörpertiter gegen das Sars-CoV-2-Spike-S2-Protein (und/oder früherer Nachweis einer durchgemachten Infektion). Zwei Drittel der Serokonversionen waren ohne eine zuvor durchgemachte Covid-19 Infektion abgelaufen, also asymptomatische Infektionen.
Seit April 2022 haben wir noch sehr viele zusätzliche Infektionen beobachtet. Daher habe ich die aktuelle Zahl auf 90% geschätzt. Auch BAG und weitere Quellen gehen von nun über 96-99% Serokonversion (Impfung und / oder Erkrankung) aus.
Herzliche Grüsse
Pietro Vernazza
Sehr geehrter Herr Vernazza
erstmals vielen Dank für diesen Artikel, ihrem Dranbleiben am Thema und auch, dass sie ihre Forschungen, und Überlegungen öffentlich teilen. Ich arbeite als Pflegefachfrau seit über 40 Jahren in verschiedenen Bereichen, habe sowohl Zeiten des Ausbaus des Gesundheitswesens, wie auch seit Jahren den Abbau miterlebt. Dass sich dieser Abbau seit der Coronapandemie zusätzlich verstärkt, ist mir etwa gleich unverständlich, wie vermutlich ihnen die Haltung oder das Nichtwissenwollen über Fähigkeiten des Immunsystems. So ist es mir absolut unerklärlich, dass in den ganzen letzten 2 1/2 Jahren nie die Frage war, wie ein Gesundheitswesen aufgestellt sein muss, um für den Fall einer
nächsten Pandemie gerüstet zu sein. Dass es dafür ev. mehr statt weniger z.B Spitäler oder Spitex bräuchte wie das gemacht werden könnte, wurde nicht mal gedacht. Und zu guter Letzt soll nun auch das nicht vorhandene Personal sein das die Schuld an der Bettenknappheit trägt. Dies nachdem durch die Einführung von Managements – Strukturen und Stile in den Spitälern erfolgreich massenweise Pflegende auf allen Stufen aus den Spitälern vertrieben wurden. Unter anderem auch deshalb, weil wir immer mehr Absurditäten auftauchen, die plötzlich normal sein sollen. Nun habe ich gestern etwas erlebt, wo ich gerad an sie denken musste. Ich hatte den Auftrag einer Patientin Evusheld zu spritzen. 3x300mg. Ich kannte dieses Medikament bisher nicht, es ist ein Antikörper gegen Covid 19. Es gab eine von der Abteilung selbst gefertigte Anleitung, trotzdem wollte ich mich mit dem Beipackzettel nochmals vergewissern wie und wo es gespritzt wird. Was ich fand war ein leerer Beipackzettel! Aber in der vollen Grössse von üblichen Beipackzetteln – nicht nur 1x sondern in beiden Packungen. Und da habe ich mich natürlich schon gefragt, wenn diese Leere das Wissen darstellt, das über dieses Medikament vorhanden ist, ist das wirklich nicht viel. Kostet übrigens 850.- pro Stück.
Wissen sie mehr über dieses Medikament?
Und noch als letzte Frage: Gelten die Impfungen gegen Covid als Totimpfstoffe?
Liebe Grüsse S.Ch
Vielen Dank für diese Rückmeldung. Hier meine Kommentare/Antworten:
1. Ich bin mit Ihnen bei Ihrer Kritik des Gesundheitswesens und zu den Personalengpässen. Allerdings bin ich der Meinung, dass der Pflegenotstand erstens nicht erst durch Covid entstand. Die Probleme hatten wir schon zuvor. Meines Erachtens haben wir auch ein grösseres Problem bei der fehlenden Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Pflegefachpersonen. Hier fehlt – strukturell bedingt – eindeutig die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Das wäre ein weites Feld, eine neue Diskussion. Aber ich bin der Meinung, dass wir sehr viel Leerlauf in diesem Bereich haben, Redundanzen und fehlende Zusammenarbeit / Kommunikation.
2. Evusheld: Natürlich kennne ich diesen Antikörper-Cocktail. Wirklich gut wirksam ist der nicht, vor allem, weil sich die Viren rasch ändern und Antikörper aus der Infusion, genauso wie die vom Organismus gebildeten Antikörper kaum noch eine neutralisierende Wirkung entfachen. Es gibt eine Empfehlung der EKIF und SSI zu diesem Thema. Der Packungsprospekt fehlt, weil das Medikament in der CH (noch) nicht zugelassen ist. Vielleicht weil der Bund das Medikament bereits eingekauft hat, wird es jetzt auch recht grosszügig, selbst in der Prä-Expositionsprophylaxe abgebeben. Eine Kosten-Nutzen-Analyse des Einsatzes könnte recht ernüchtern ausfallen.
3. mRNA-Impfungen sind definitionsgemäss Totimpfstoffe.
herzlich PV
Interessanter Artikel. Warum beschränken Sie sich bei den „Impfempfehlungen“ am Ende auf die bis 65-Jährigen?
Was mache ich mit 78?
Danke, Herr Grob, für die ergänzende Frage. Die Antwort ist einfach und doch komplex. Ich hatte eigentlich vor, viel mehr zu beschreiben, aber das braucht mehr Zeit und Platz. Ganz kurz: Das Risiko einer Erkrankung wird höher mit steigendem Alter. Exponentiell. Die gefährlichen Nebenwirkungen, insbesondere die Autoimmunphänomene, sind eher bei jüngeren zu befürchten. Ohne das jetzt mit genauen Zahlen zu untermauern, können wir davon ausgehen, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei vor allem bei jüngeren schlecht ist. Der erste Booster hat in einer Studie aus Israel einen minimalen, aber signifikanten Nutzen bei über 65-jährigen gezeigt. Ich zweifle, dass der zweite Booster noch einmal eine ebenso gute Wirkung zeigt, aber das zu begründen braucht Zeit.
Dies ist im Moment die Ausgangslage: Mir ging es primär darum, dort rasch interessierte zu informieren, bei denen ich sehr klar eine Empfehlung aufgrund der Daten formulieren kann. Mir war es wichtiger, diese Daten jetzt zu präsentieren, als noch einmal zuzuwarten, bis ich mehr zusammen habe (das dann aufgrund der Länge auch kaum noch jemand lesen würde). Aufgrund meiner aktuellen Kenntnis der Studienlage fühle ich mich nicht im Stande, für >65-jährige eine gut begründete Empfehlung abzugeben.
Dennoch, danke für Ihr Interesse.
Herzliche Grüsse PV