Sicher haben Sie davon gehört. Die Medien waren diese Woche voll von Meldungen über diesen ungewöhnlichen Fallbericht in der Zeitschrift Lancet Infection (Kocher et al, 4.3.24).

Ein medialer Hype
Die Aussage des Papers ist im letzten Abschnitt zusammengefasst: «In summary, our case report shows that SARS-CoV-2 hypervaccination did not lead to adverse events and increased the quantity of spike-specific antibodies and T cells without having a strong positive or negative effect on the intrinsic quality of adaptive immune responses.» Was unsere Medien hier am Beispiel des Tagesanzeiger im Titel wie folgt übersetzten: «Mann mit 217 Corona-Impfungen: Immunsystem arbeitet normal».

Für den Tagesanzeiger (und andere Medien) scheint klar: Dieser Fall zeigt: Die Befürchtungen, wonach repetitive Corona-Impfungen das Immunsystem schwächen könnten, sind unbegründet. Wörtlich: «Die medizinischen Vorbehalte liessen sich dabei nicht bestätigen».

Diese ganze Berichterstattung erstaunt mich sehr. Berichtet eine Einzelperson über eine schwere Nebenwirkung nach einer Covid-Impfung, so wird das medial runtergespielt oder gar nicht aufgenommen. Wiederholt wird darauf hingewiesen, dass es unsicher, ja medizinisch nicht bewiesen sei, dass diese Nebenwirkung wirklich auf die Impfung zurückzuführen sei.

Doch dieser Einzelfall – da sind sich die Medien nun einig – zeigt eindrücklich, dass eine wiederholte Covid-Impfung keine Abschwächung des Immunsystems zeige. In den letzten 5 Tagen finden sich 130 deutsche Zitate auf Google, welche diese «Studie» zitieren. So geht das!

Das Kleingedruckte
Aber schauen wir uns doch die Publikation etwas genauer an. Die Autoren schreiben zwar auch, dass man ausgehend von diesem Einzelfall keine generell gültige Aussage machen kann. Doch pikanterweise ist diese Aussage (aus Platzmangel?) ins Supplementum verlegt. Eine Ressource, die von Lesern so gut wie nie konsultiert wird. In der Publikation wird auch berichtet, dass der 62-jährige Mann – man nennt ihn HIM – in eine Strafuntersuchung verwickelt war. Es ging offenbar um gefälschte Impfzertifikate. Am Ende wurde die Strafverfolgung mangels Beweise eingestellt.

Nun, vielleicht lohnt es sich, bei solchen Hinweisen etwas hellhörig zu werden. Doch für die Mainstream-Medien ist das offenbar zu mühsam. Info raus und gut ist!

Natürliche Skepsis: Kann ich das glauben?
Wenn man sich die Mühe nimmt, und in den online Impfdaten (hier!) die Impfdaten anschaut, muss man skeptisch werden: Dieser HIM soll sich über jeweils ganz kurze Phasen gleich täglich zweimal impfen lassen (s. untenstehende Abbildung aus den original Impfdaten von HIM).

 

 

 

 

 

 

Erstaunlicher Impfenthusiasmus
Ok, gehen wir davon aus, dass dieser HIM tatsächlich überzeugt war, dass Impfen gut für ihn sei. Weshalb dann macht er über wenige Wochen 2 Impfungen pro Tag, um dann wieder lange nichts reinzulassen. Glauben Sie nicht auch, dass in diesem Fall eher – wie die Staatsanwaltschaft vermutete – ein Betrug mit Impfzertifikaten vorlag. Wir wissen es nicht, aber man sollte skeptisch sein. Die kritische Frage, die man sich hier stellen muss: Hat dieser HIM tatsächlich 217 Impfungen erhalten, oder hat er mit dieser Behauptung versucht, sich der Strafverfolgung zu entziehen. Kann man diese Frage überprüfen? Unsere Medien machen doch gerne mal einen Faktencheck (wir berichteten). Weshalb nicht hier?

Es gibt noch intelligente und kritische Menschen
Zum Glück gibt es noch kritische Fachleute, die sich diesen Fragen vertieft annehmen. So hat sich ein Team von virologisch geschulten Experten der RNA-Sequenz dieses HIM angenommen. Die Autoren des Lancet-Artikels hatten zelluläre RNA des HIM untersucht und wie üblich in einer Datenbank publiziert. Die kritischen Experten fanden nun überraschenderweise keine RNA-Sequenz des Pfizer-Impfstoffes. Wir wissen von mindestens 4 Studien, dass die Impf-RNA über viele Wochen in unseren Zellen nachweisbar bleibt. Dass wir bei diesem HIM gar keine Impf-RNA finden, ist zumindest ungewöhnlich. Nach so vielen Impfungen.

Die Wahrheit wird kommen – irgendwann
Vielleicht wird es noch lange dauern, bis dieser Fall geklärt ist. Doch im Moment bleibe ich mit gutem Grund skeptisch. Dass dieser HIM sich tatsächlich über längere Zeit zweimal täglich hat impfen lassen, erachte ich als völlig abstrus. Eher kann ich mir vorstellen, dass er zu seiner Verteidigung gegen den Impfzertifikat-Fälschungsvorwurf einfach behauptet hat, er habe diese Spritzen alle für sich verwendet. Vermutlich wird es noch lange dauern, bis diese Vermutungen geklärt sind und Lancet die Publikation zurückzieht. Doch bis dann werden wir es immer wieder hören: Ein Mensch verträgt problemlos 217 Impfungen!

 

Nachtrag 11. März 24
Ein Leser aus Deutschland weist mich darauf hin, dass er vor längerer Zeit über einen mutmaßlichen Betrugsfall mit Impfzertifikaten gelesen habe. Er hat den Artikel vom Mai 22 rausgesucht. Damals war der Herr 61 Jahre alt. Der Leser fand auch noch einen zweiten Artikel, vermutlich über den gleichen Mann (Morgenpost 2.4.2022)Vielleicht kommen wir dem schneller auf die Spur als unsere Faktenchecker….

Titelbild: Dalle-3