Rezension bezeichnet Corona-Elefant als „Mängelliste“.
Exakt drei Minuten nach der Embargofrist hat die NZZ am 11.3.22 eine Buch-Rezension unseres „Corona-Elefanten“ online publiziert. Der Titel „Was der Bundesrat in der Pandemie alles falsch machte“ überrascht. Denn gerade in meinem Artikel zu den Massnahmen habe ich immer wieder versucht, die Schwierigkeiten, mit dem das Entscheidungsgremium konfrontiert war, zu schildern. Auch erachte ich den Satz auf Seite 170 des Buches keineswegs als Tadel:

„Wie auch immer man diese Daten interpretieren will, ich denke, der Bundesrat hat klug gehandelt, als er sich Anfang Januar 2022 gegen einen Lockdown entschieden hat, trotz dem Drängen von einzelnen Medien, Warnungen der Taskforce und ausländischen Vorbildern.“

Selektive Wahrnehmung
Der NZZ Autor (H.S.) hat in seiner Rezension sicher wichtige Punkte aufgeführt, insbesondere erwähnt er die selektive Wahrnehmung von Analysen und schreibt dazu: „Man nimmt zur Kenntnis und erwähnt, was die eigene Meinung stützt, und ignoriert/verschweigt den Rest„. Natürlich ist dies eine harte Kritik, doch ganz zurückweisen kann man diese nicht. In einer so hektischen Phase der Berichterstattung und Analyse und der schieren Fülle von Publikationen sind wir immer anfällig für Selektion. Auch wenn wir redlich und der wissenschaftlichen Methodik verpflichtet immer versuchen, Gegenargumente korrekt einzubetten, werden wir nie alle Aspekte korrekt beleuchten können. Genau das ist der Grund, weshalb wir die Diskussion auch weiterhin auf Corona-Elefant.ch aufrecht erhalten möchten.

Ironischerweise hat auch der NZZ Autor einige Fakten übersehen. Zum Beispiel dort, wo er mich in meiner Darstellung der Mortalitätsdaten zu Schweden der selektiven Wahrnehmung bezichtigt. Er schreibt, ich würde nicht erwähnen, dass Schweden seine Lockerheit 2020 aufgab. Tatsächlich habe ich diesen Punkt zwar recherchiert, aber nicht ausführlich referenziert. Aber der Leser kann sich gerne auf der Hompage des Schwedischen Gesundheitsdepartements erkundigen und wird feststellen, dass die Einschränkungen im 2021 und bis heute deutlich geringer waren als die Einschränkungen in der Schweiz.

Behauptung zur höheren Gesamtsterblichkeit in Schweden falsch!
Nicht wirklich nachvollziehbar ist die Aussage der NZZ, wonach „Schweden… gemessen … and der gesamten Übersterblichkeit bis heute deutlich schlechter dasteht als die Vergleichsländer“. Exakt diese Aussage, hätte der Autor mit der wenige Tage zuvor publizierten und breit diskutierten Publikation im Lancet (Wang et al.) überprüfen können. Denn die Lancet-Publikation, eine globale Analyse der Corona-Übersterblichkeit, kommt zur gegenteiligen Schlussfolgerung: Die Übersterblichkeit in Schweden glich derjenigen anderer Skandinavischer Länder und war sogar (nicht signifikant) etwas geringer als diejenige der Schweiz (912 vs. 931 pro Million Einwohner). Aber ich unterstelle dem Autor auf keinen Fall selektives Vorgehen. Es ist einfach unmöglich, überall a-jour zu sein. So geht es uns allen.

Kosten-Nutzen-Verhältnis der Zwangsmassnahmen offen
Immerhin lässt der Autor offen, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Zwangsmassnahmen noch überprüft werden muss und schreibt zu Recht: „Das lezte Wort wird noch lange nicht gesprochen sein“. Mit dem Corona-Elefanten möchten wir die sachliche Diskussion fördern und dafür sorgen, dass die Fragen nicht in Vergessenheit geraten.
Vermutlich aus Zeitgründen hat der Autor allerdings nicht den ganzen Text gründlich lesen können. Denn auf den Seiten 223/224 findet sich doch ein innovativer Ansatz für eine bessere Methodik zur Kosten-Nutzen-Analyse. Auch hier ein konstruktiver Beitrag zu Handen des Bundes, wie man Pandemie-Effekte möglicherweise korrekter bewerten könnte.